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Oktober 2008
Deutscher Biotechnologie-Report 2008

Ein anderer Weg zum Ziel
In der roten Biotechnologie dreht sich alles um Wirkstoffentwicklung. Sie ist der zentrale Treiber der Branche, verspricht Blockbuster-Potenzial und Margen, von denen der überwiegende Teil der Wirtschaft lediglich träumen kann. Die Finanzkraft, eine Wirkstoffentwicklung aus eigener Kraft zu stemmen, besitzen kleine und mittelständische Unternehmen nicht. Daher müssen sie in der Regel von Beginn an Risikokapital akquirieren und damit arbeiten. Letzteres hat sich in den Boomjahren der Biotechnologie um die Jahrtausendwende als verführerisch und für viele verhängnisvoll herausgestellt. Die Finanzierung fiel in den Folgejahren, in denen sich die Branche schmerzlich konsolidierte, überaus schwer, und in Zeiten einer globalen wirtschaftlichen Krise ist es nicht nur in Deutschland schwierig, Leadinvestoren für neue unternehmerische Projekte und für weitere Finanzierungsrunden zu gewinnen.

Der Ausgangspunkt: Dienstleistungen Celonic bietet umfassende Dienstleistungen für die Entwicklung von biopharmazeutischen Proteinen von der Zelllinienentwicklung über die Prozessentwicklung und GMPProduktion bis zur Freigabe von Wirkstoffen für die klinische Entwicklung oder die Marktversorgung an. Das Dienstleistungsspektrum wird durch eigene Plattformtechnologien erweitert: die serumfreie Klonierungs- und Expressionstechnologie (SEFEX) und die darauf aufbauende Technologie zur Herstellung von hochproduktiven Zelllinien mittels Gene Targeting (CEMAX®). Diese Technologie erlaubt die Herstellung von regulatorisch konformen Zelllinien in vier Wochen und wird sowohl für eigene als auch für Kundenprojekte verwendet.

Das eigentliche Ziel
Die heutige Geschäftsführung hat die Firma Celonic GmbH im Jahre 2002 übernommen und strukturierte das Unternehmen seither konsequent von einem reinen „Toolprovider“ in ein biopharmazeutisches Dienstleistungsunternehmen um. Das Unternehmen, 1998 erstes Spin-off des Forschungszentrums Jülich mit der Geschäftsidee, einen Wirbelschichtreaktor zur Zellkultivierung zu vertreiben, ist nunmehr seit mehreren Jahren profitabel und wächst stetig aus eigener Kraft. Das Dienstleistungsgeschäft, so langfristig und kontinuierlich es seit 2002 aufgebaut wurde, ist jedoch Mittel zum Zweck. So wurde 2006 die Celonic AG mit Sitz in Basel gegründet. Sie bildet einerseits den institutionellen Rahmen um die GMP-Anlage am Standort, die parallel zur Firmengründung akquiriert wurde. Denn die vorherigen Kapazitäten, über die die GmbH verfügt hatte, stießen seinerzeit an ihre Grenzen. Die GMP-Anlage erlaubt eine Produktion in der Zellkultur bis zum 1000-Liter-Maßstab. Damit ist die Firma in der Lage, biopharmazeutische Wirkstoffe selbst für den Marktbedarf zu produzieren.

Andererseits entwickelt die Celonic AG eigene biopharmazeutische Wirkstoffe zur Therapie von Tumoren und Autoimmunerkrankungen. Die drei Wirkstoffe sind jeweils für mehrere große und kleinere Indikationsgebiete einsetzbar, was dem Unternehmen den notwendigen strategischen Spielraum bietet: Die größeren Indikationen wie rheumatoide Arthritis oder Lungentumoren bieten ausreichend Marktperspektiven, um spätestens nach Abschluss der klinischen Phase II an einen großen Pharmapartner auslizensiert werden zu können, während die Wirkstoffe für die kleineren Indikationen (Kopf- Hals-Tumoren, Morbus Crohn) möglicher- weise aus eigener Kraft bis zum Markt entwickelt werden können. Die Wirksamkeit dieser Biopharmazeutika konnte in Tiermodellen gezeigt werden. Der erste Wirkstoff wird in diesem Jahr in die klinische Phase I eintreten. Einlizensierung und bisher präklinische Entwicklung dieser Wirkstoffe wurden entsprechend dem Geschäftsmodell aus den Überschüssen des Dienstleistungsgeschäfts getätigt.

Investoren gesucht und gefunden
Da die weitere klinische Entwicklung der eingangs erwähnten Eigenkapitalunterstützung bedarf, hat die Celonic AG im Jahr 2008 Ausschau nach Investoren gehalten – mit äußerst positiver Resonanz. Die Investoren schätzen die Vorteile des dualen Geschäftsmodells, das Synergien zwischen der Dienstleistung und der eigenen Entwicklung von therapeutischen Proteinen nutzt (schnellere und effizientere Entwicklung und Produktion; geringerer Kapitalbedarf) und auf soliden Füßen steht: In den vergangenen sechs Jahren wurde ein durchschnittliches jährliches Umsatzwachstum von 60 Prozent erzielt. Das Unternehmen konnte nach nur drei Jahren Gewinne erwirtschaften, die in die Entwicklung reinvestiert wurden. Die Überschüsse wurden neben dem therapeutischen Portfolio zum Ausbau der personellen Strukturen verwendet: So beschäftigt die Firma mittlerweile 55 Mitarbeiter an beiden Standorten. Im Herbst 2008 konnten in einer ersten Finanzierungsrunde insgesamt 10 Millionen Schweizer Franken zur Kapitalerhöhung akquiriert werden, da die Investoren das geringe Risiko eines profitablen Biotechunternehmens gepaart mit den Perspektiven der Entwicklung eigener therapeutischer Produkte als sehr aussichtsreich erachten. Nachteilig aus Investorensicht ist die relativ hohe Bewertung, die das Unternehmen zum Zeitpunkt der ersten Finanzierungsrunde aufwies. Denn auch im Anschluss halten die Gründer ca. 90 Prozent des Aktienkapitals. Dies erlaubt andererseits eine Konstanz der Geschäftsstrategie. Verbunden mit dem niedrigen Risiko und der Möglichkeit, in wenigen Jahren einen Exit zu erreichen, überwiegen nach Einschätzung der Investoren die Chancen bei solchen vergleichsweise „kleinen“ Beteiligungen. Eine gleichzeitig auf Dienstleistung und die Entwicklung von therapeutischen Proteinen setzende Finanzierung hat sich durchaus als Alternative erwiesen.

> www.celonic.com

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Dr. Andreas Herrmann, CEO,
Celonic AG, Basel